„Ich war’s nicht“ – in deutschsprachigen Ländern ist es nach wie vor schwer, über Fehler zu reden –gerade im beruflichen Kontext. Falsche Entscheidungen werden nicht gerne gesehen, ungern kommuniziert und können in manchen Unternehmen sogar zur Kündigung führen. Dabei kannst du an einigen Ländern, wie Japan, erkennen, dass eine offene Fehlerkultur Innovation und Erfolg fördern kann. Doch wie gehst du mit begangenen Fehlern am besten um, wie etablierst du ein konstruktives Fehler-Feedback im eigenen Unternehmen und was sollte sich bei der Fehlerkultur in Deutschalnd ändern?
So geht Deutschland mit Fehlern im Berufsalltag um
Deutsche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben Angst, Fehler zu kommunizieren. Die Vorstellung zum Vorgesetzten zu gehen und über begangene Missgeschicke zu sprechen, treibt den meisten den Schweiß auf die Stirn. Kein Wunder, wenn man beachtet, dass diese in Deutschland noch immer Karrierekiller sind. Wirtschaftspsychologe und Fehlerforscher Michael Frese hat die Toleranz für Fehler und Misserfolge von 61 Ländern weltweit verglichen. Deutschland landete auf Platz 60. Schlechter war nur Singapur, das für seine harten Sanktionen bei bereits kleinen Ordnungswidrigkeiten bekannt ist.
Betrachtet man im Vergleich die Fehlerkultur in Japan oder in den USA, wird dort viel freizügiger mit Misserfolgen umgegangen. Fehler sind dort sogar oft der Auslöser für nachfolgende große Erfolge, wie bei dem Gründer von Paypal, dessen vorhergehende Geschäftsideen alle scheiterten.
Was ist eine Fehlerkultur?
Der Begriff „Fehlerkultur“ wird häufig mit „Fehlermanagement“ gleichgesetzt. Allerdings gibt es hier einen kleinen, aber feinen Unterschied. Fehlermanagement bezieht sich auf Methoden, die man anwenden kann, um begangene Fehler wieder zu reparieren. In der Fehlerkultur geht es viel mehr darum, wie mit Misserfolgen umgegangen und darüber gesprochen wird.
Positive Auswirkungen einer offenen Fehlerkultur im Unternehmen
Werden Fehler frei kommuniziert und mit Vorgesetzten wie Kollegen und Kolleginnen offen geteilt, kann das Unternehmen stark davon profitieren. Denn das Motto lautet: trail and error. Nur durch Versuche und Irrtümer werden neue Ideen geboren und Prozesse optimiert. Und nur Unternehmen, die sich anpassen und weiterentwickeln, können langfristig Erfolge verzeichnen.
Wenn man die Fehler der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen betrachtet und konstruktiv nutzt, indem man sie überprüft, in den Teams bespricht und Überlegungen für zukünftige Fehlervermeidung anstellt, kann man aus Schäden, die entstanden sind, noch etwas Positives ziehen.
Durch eine gewisse „Fehlererlaubnis“ fühlen sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auch wohler am Arbeitsplatz und gehen neu aufkeimenden Ideen eher nach. Die Verbindung zum Unternehmen und der Innovationsgeist werden gefördert. Auch Fehler in Systemen, die unabhängig von den Angestellten bestehen, können so entdeckt und rechtzeitig verändert werden.
Essenziell ist nur, dass man die Missgeschicke konstruktiv nutzt. Diese also wirklich als Fehler zur Kenntnis nimmt und sein Team dazu animiert, diese zukünftig zu vermeiden. Gleichzeitig sollte man Prozesse überlegen, durch die man vergleichbaren Misserfolgen bestmöglich gegensteuert.
Wie kann ich eine offene Fehlerkultur im Unternehmen etablieren?
Bei der Kommunikation solltest du anfangen. Teilt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin einen Fehler mit, sollte man als Vorgesetzter oder Vorgesetzte nicht vorwurfsvoll und emotional reagieren, sondern auf einer sachlichen Ebene der Kollegin oder dem Kollegen begegnen. Wichtig ist immer, den Fokus auf der Lösungsfindung zu behalten.
Gleichzeitig liegt es in der Verantwortung der Vorgesetzten, mit gutem Beispiel voranzugehen und offen über Misserfolge zu sprechen. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind dann viel eher bereit, sich zu öffnen und Fehler zuzugeben. Und je früher dies passiert, umso eher können Maßnahmen zur Fehlerbehebung in Angriff genommen werden. Außerdem hilft es, das Team zur Selbstreflexion zu ermutigen. Das kann zum Beispiel durch Wochenberichte oder aktives Nachfragen in Mitarbeitergesprächen passieren.
Sollte jemand nicht soforteinen Misserfolg kommunizieren, ist es auch von großer Bedeutung klarzumachen, dass dieses Verhalten künftig nicht erwünscht ist. Lieber eine sofortige Fehlerkommunikation, damit entstandener Schaden schnell behoben werden kann, als umgekehrt.
Muss die Unternehmenskultur hinsichtlich der Fehlerkommunikation eine große Wandlung durchleben, kann es sehr sinnvoll sein, ein Mitarbeiterteam zusammenzustellen, um gewünschte Änderungen im Unternehmen zu etablieren. Statt alle Neuerungen von oben zu diktieren, werden alle Teil des Prozesses und tragen Veränderungen aktiv mit.
Tipps für eine offene Fehlerkultur in Mitarbeiterteams
Nicht so lange über den Fehler nachdenken
Der US-amerikanische Psychologe Barry Schwartz spricht gerne von Maximizer oder Satisficer. Die einen wollen aus allem das Optimum zaubern, die anderen arrangieren sich rasch mit dem Akzeptablen und machen auch nach Fehlern schnell wieder weiter. Es geht also darum, wohin du deinen Fokus lenkst. Es macht wenig Sinn, über vergangene Misserfolge zu grübeln. Geht besser als Team fokussiert in die Zukunft und erarbeitet Systeme, damit Fehler vermieden werden.
Nach Abschluss von Projekten eine Liste erstellen
In jedem Projekt treten Irrtümer auf und werden kleinere wie größere Fehler begangen. Hilfreich kann es sein, diese nach Projektabschluss genauer zu betrachten. Es geht nicht um die methodische Analyse, viel mehr sollen Fehler grundsätzlich aufgedeckt und im Team besprochen werden. Misserfolge von heute bewahren uns vor Irrtümern in der Zukunft.
Mit Fehlern verschmitzt umgehen
Du selbst und auch deine Kollegen und Kolleginnen können mit Fehlern meist besser umgehen, wenn diese mit positivem Humor genommen werden. Natürlich lacht man nicht herzhaft über einen großen Misserfolg, mit Ironie kann man Fehler allerdings leichter kommunizieren. Richtig eingesetzt, hilft Humor dem gesamten Team, sich mit Fehlern auszusöhnen und in Zukunft leichter darüber zu sprechen.
Die richtige Fehlerkultur kann Unternehmen große Vorteile liefern. Sie kann den Wettbewerb, die Produktivität und den Innovationsgeist fördern sowie am Ende auch die Qualitätsstandards erhöhen. Denn nur durch Fehler kannst du dich weiterentwickeln und neue Ideen in richtige Bahnen lenken. Essenziell ist nur, dass du aus den Fehlern lernst und ehrlich zu ihnen stehst.