Sich auf den Wandel der Arbeitswelt einzustellen, heißt alles zu hinterfragen was bisher als Standard galt. So zum Beispiel denkt man mittlerweile bei dem Thema Maschinenbau unweigerlich an Stahl und Eisen. Schließlich hat sich beides über Jahrzehnte erfolgreich etabliert. Anders das Startup LiGenium aus Chemnitz. Sie brachen mit aktuellen Standards und setzen bei ihren Produkten vorrangig auf Holz. So verhalfen sie dem nachwachsenden Rohstoff zu einer Renaissance im Maschinen- und Anlagenbau. Wie genau das funktioniert erfahrt ihr im Beitrag Holz im Maschinenbau – Erfolgsstory LiGenium.
Ein fast vergessener Werkstoff
Ursprünglich hatte Holz bereits eine lange Tradition als Konstruktionswerkstoff im Maschinenbau. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts fertigte man noch viele Produkte aus Holz. Selbst im Fahrzeugbau spielte der Rohstoff eine bedeutende Rolle. Aufbauten für LKW und selbst Karosserieteile bestanden daraus. Doch mit der Zeit verdrängten andere Materialien wie Metall und Kunststoff Holz aus der Branche. Grund dafür war häufig die bessere maschinelle Bearbeitbarkeit.
Dass der Einsatz von Holzwerkstoffen nach wie vor technisch, wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist, zeigt das Chemnitzer Startup LiGenium. „Wir sind Maschinenbauer und haben uns eine gewisse Holzkompetenz erarbeitet. So bieten wir ein neues Produktportfolio mit eigenen Konstruktionsmethoden an”, erklärt Geschäftsführer Christoph Alt.
Das Unternehmen gründete sich aus einer Forschungsgruppe der TU Chemnitz heraus. Diese hat sich seit mehreren Jahren mit dem Einsatz von Holzwerkstoffen im Maschinenbau beschäftigt. Zum ursprünglichen Gründerteam gehören drei Ingenieure sowie eine Betriebswirtin. Mittlerweile verfügt das junge Unternehmen über eigene Produktionskapazitäten und konnte bereits mehrere neue Mitarbeiter einstellen.
Simple, aber entscheidende Vorteile von Holz
Holz ist gegenüber Blech stabiler und leichter. Zudem gibt es keine Probleme mit Korrosion. Diese Vorteile nutzen LiGenium aktuell bei der Herstellung von Transportwägen für die innerbetriebliche Logistik. Obwohl sich die Holzbauweise auch für andere Anwendungen eignet, konzentriert sich LiGenium vorerst auf den Markt für Fördertechnik und Logistik.
„Transportgestelle in der Automobilindustrie sind in der Regel sehr schwer. Das Eigengewicht ist teilweise bis zu zehnmal höher als das Fördergut selbst”, erklärt Christoph Alt. Die Chemnitzer Holzgestelle wiegen dabei weniger als die Hälfte im Vergleich zu konventionellen Modellen aus Metall. Und da Transportgestelle in der Lieferkette oft weite Wege zurücklegen, wirkt sich die Gewichtseinsparung auf den Treibstoffverbrauch und somit unmittelbar auf die Transportkosten aus.
Die modularen Bauweise erlaubt es die Grundgestelle je nach Anwendungsfall individuell anzupassen. Dieses Prinzip ermöglicht es, die Gestelle über mehrere Produktzyklen einzusetzen und somit nachhaltiger zu nutzen. Hinzu kommt dabei außerdem das Argument, dass Holz eine positive Kohlendioxid-Bilanz vorweisen kann.
Weniger Gewicht bedeutet auch weniger Kraftaufwand beim manuellen Bewegen der Transportgestelle. Zudem wirkt Holz dämpfend und reduziert Schwingungen. Metallisches Klappern und Krachen in der Produktionshalle gehört somit der Vergangenheit an. All das führt zu einem ergonomischeren Arbeitsplatz für alle Mitarbeiter.
Derzeit noch eher unter dem Radar spielt die fehlende elektrische Leitfähigkeit, die sogenannte elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), von Holz in Zukunft eine immer tragendere Rolle. „Das Thema wird immer wichtiger, wenn sich in den Fabriken die Arbeit mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G durchsetzt”, zeigt sich der “LiGenium”-Geschäftsführer überzeugt. Holz stellt für elektrische Signale kein Hindernis dar und trägt somit zur Prozesssicherheit bei.
Altes ist nicht schlecht, es muss nur neu gedacht werden
Der Firmenname “LiGenium” leitet sich aus den lateinischen Wörtern Lignum (Holz) und Ingenium (Begabung, geistreiche Erfindung) ab. Das beschreibt die Idee hinter dem Startup treffend und kommt an. „Die Logistiker aus der Automobilindustrie sind auf uns aufmerksam geworden”, erzählt Alt. Das Unternehme hat erste Aufträge für die Automobilindustrie bereits erfolgreich abgeschlossen. Der größte Auftrag kam aus dem Volkswagenkonzern. Für ein Fahrzeugwerk wurden 40 Ladungsträger gefertigt.
“Wir wollen expandieren, haben uns aber entschieden, in Chemnitz zu bleiben”, versichert Alt. Der Standort könnte kaum passender sein. Die Region zählt nicht nur als Wiege des deutschen Automobilbaus. Sie blickt auch auf eine lange Tradition im Maschinenbau zurück. Zudem prägte der in Chemnitz geborene Carl von Carlowitz den Begriff der Nachhaltigkeit. Beides vereint LiGenium und geht dabei neue Wege.
So hat es LiGenium geschafft sich auf den Wandel der Arbeitswelt einzustellen. Dabei richten sie den Fokus gezielt auf Nachhaltigkeit. Und das in einer Branche, die auf Grund ihres jahrelangen Erfolges eher schwerfällig mit Änderungen und neuen Ansätzen umgeht. Alte Standards mussten aufgebrochen und viel Überzeugungsarbeit für die eigene Idee geleistet werden. LiGenium hat es geschafft und kann somit zu Recht als Erfolgsstory bezeichnet werden.