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Positive Psychologie in der Arbeitswelt: Wie wollen wir morgen arbeiten?

Positive Psychologie in der Arbeitswelt: Wie wollen wir morgen arbeiten?

Inhaltsverzeichnis

Gastbeitrag von Saskia Rudolph, Glücks- und Kulturwissenschaftlerin, Spiegelneuronen GmbH

Wir verbringen einen Großteil unserer wachen Zeit auf Arbeit. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Denn die Stunden, die wir jeden Tag dort verbringen, beeinflussen unser Wohlbefinden. Deshalb stellen sich die Fragen: Wie wollen wir morgen arbeiten? Und was können wir schon heute dafür tun? Ein Antwort darauf gibt die Positive Psychologie in der Arbeitswelt.

Arbeit ist keine Krankheit die man durchhalten muss

Jedes Jahr sind mehr Menschen aufgrund psychischer Erkrankungen nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Zumindest zeitweise. Wie der Gesundheitsreport einer großen deutschen Krankenkasse zeigt: Psychische Erkrankungen sind für rund 19 Prozent aller Fehlzeiten verantwortlich. Das ist der höchste Wert im Vergleich zu anderen Diagnosen – noch vor Rückenbeschwerden und Erkältungskrankheiten. Klar, unsere Arbeit kann manchmal sehr herausfordernd und anstrengend sein – aber sie sollte uns auf keinen Fall krank machen. Denn das eigene Leben nachhaltig und sinnvoll zu gestalten, heißt eben auch, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, die wir auch auf längere Sicht engagiert ausführen, die uns sinnvoll und sinnstiftend erscheint – und es auch ist. Eine Studie des Gallup-Institutes zeigte 2019 erneut: nur 15% der Angestellten in Deutschland fühlen sich ihrem Arbeitgeber verbunden und stehen hinter der Philosophie des Unternehmens. Was ist mit den anderen 85%? Bei einem Teil, nämlich 16% (das sind immerhin fast 6 Millionen Menschen), sieht es ganz finster aus – sie geben an, dass sie bereits innerlich gekündigt haben. Und weitere 26 Millionen leisten laut der Studie mehr oder weniger „Dienst nach Vorschrift“. Und das jeden Tag. Mal ganz davon abgesehen, was das an Nachteilen für die Unternehmen hat. Warum tun sich das so viele Millionen Menschen jeden Tag an? Warum sind sie nach wie vor der Auffassung, dass Arbeit eben hart ist? Keine Freude machen darf. Notwendiges Übel ist. Mittel zum Zweck. An dessen Ende die wohlverdiente Rente und zwischendrin immer Mal ein Urlaub liegt. Bestenfalls.

Arbeit sollte Leben geben

Ob sich Mitarbeiter*innen im Unternehmen wohlfühlen und motiviert arbeiten, liegt in erster Linie natürlich an der im Unternehmen gelebten Kultur und dem Führungsstil. Basierend auf den Grundlagen der Positiven Psychologie, einer noch recht jungen Wissenschaft, die erforscht, was das Leben lebenswert macht und uns nachhaltig zufrieden hält, entwickelten zahlreiche Wissenschaftler und Ökonomen das Modell des Positive Leadership (oder Gesunder Führung). Darunter versteht man einen positiven Führungsstil, der die Mitarbeiter*innen ermächtigt, sich persönlich einzubringen und weiterzuentwickeln. Dazu braucht es eine Atmosphäre im Unternehmen, in der Mitarbeiter*innen ihre Stärken systematisch erfassen, einbringen und entwickeln können. Und in der sie zudem möglichst oft die eigenen Grenzen überwinden und in der mit Geschick und Begeisterung gemeinsam eine (Unternehmens-)Vision verfolgt wird.

Positive Psychologie in der Arbeitswelt

Ein sehr sinnvolles Modell zur Gestaltung einer gesunden Arbeitsumgebung ist das von Martin Seligman, dem Begründer der Positiven Psychologie entwickelte PERMA-Modell. Es erklärt anhand von 5 wesentlichen Merkmalen die Gelingensbedingungen für ein zufriedenes Leben, die sich ebenso auf Arbeit und Führungsstil übertragen lassen.

Positive Emotionen (P)

Das regelmäßige Erleben positiver Emotionen wie Dankbarkeit, Optimismus, Wertschätzung oder Zuversicht gilt als essentieller Faktor für das Wohlbefinden eines jeden Menschen. Im Unternehmens- und Führungsalltag geht es dabei darum, Emotionen nicht zu unterdrücken, sondern einen sinnvollen Umgang mit ihnen zu finden – und diese regelmäßig und wertschätzend zum Ausdruck zu bringen. Seien sie positiv oder negativ.

Engagement (E)

Menschen sind umso zufriedener – egal, ob im Privat- oder Berufsleben, je mehr sie sich ihrer Stärken bewusst sind, diese engagiert und konsequent einsetzen und regelmäßig in sogenannte Flow-Zustände gelangen. Flow entsteht bei der Ausübung komplexer Aufgaben, die im richtigen Kräfteverhältnis zwischen Überforderung und Unterforderung ausgeübt werden. Sie zu entdecken und Mitarbeiter*innen die Chance zu geben, Tätigkeiten im Einklang mit ihren persönlichen Charakterstärken auszuführen, führt zu hoher Zufriedenheit und Motivation. Um herauszufinden, welche die eigenen Stärken sind, gibt es einen wissenschaftlich fundierten Selbst-Test der Universität Zürich.

Beziehungen (R – Relationships)

Teil eines sozialen Netzwerks oder Teams zu sein, sich auf andere verlassen zu können und auch ihnen von Nutzen zu sein, kurzum Teil positiver Beziehungen zu sein, gilt als einer der wichtigsten Zufriedenheitstreiber überhaupt. Im Arbeitsalltag kommt es immer wieder darauf an, gute Zusammenarbeit und Teamgeist zu fördern und dauerhaft zu erhalten. Eine gute Arbeit, das heißt auch, einen Ort gefunden zu haben, an dem man als Person wahrgenommen und geschätzt wird. Sich zugehörig fühlt.

Sinn/Bedeutung (M – Meaning)

Im Schwerpunkt E (Engagement) standen die Charakterstärken eines jeden Menschen im Fokus. Können Menschen diese zusätzlich zu einem höheren Zweck einsetzen, indem sie Sinnhaftigkeit erkennen und erleben, ist das ein weiterer großer Schritt in Richtung erfülltem Leben – in Beruf und Alltag. Richtlinien zur gemeinsamen gesellschaftlichen Verantwortung eines Unternehmens (Corporate Social Responsibility) spielen hier eine bedeutende Rolle. Denn sie umfassen die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht.

Ziele/Zielerreichung (A – Achievements)

Ziele zu haben und diese regelmäßig zu erreichen führt über ein gesteigertes Selbstwertgefühl zu mehr Zufriedenheit, gesteigertem Wohlbefinden und einem höheren Glücksgefühl. Und ist damit wesentlich für langanhaltende Lebenszufriedenheit. Egal, ob im Beruf oder Alltag. Jede*r kennt sie, die SMARTen Ziele, die für spezifische, messbare, akzeptierte, realistische und terminierte Planungsprozesse stehen. Doch für ein zufriedenes (Arbeits)leben gilt eben auch, sich der persönlichen Lebensziele immer wieder bewusst zu sein und gezielt darüber nachzudenken, ob die aktuelle Arbeitsstelle wirklich passend ist. Arbeit verändert sich – im Moment wahrscheinlich so rasant wie nie zuvor. Es liegt nun an jedem Einzelnen von uns, zu reflektieren in welcher Umgebung er/sie seinen Berufsalltag verbringen möchte. Wie viel Zeit und Engagement sich lohnt zu investieren und was wir von Arbeit erwarten.
Spiegelneuronen

Saskia Rudolph

Saskia Rudolph ist Magistra Artium der Interkulturellen Kulturwissenschaft, Psychologie und Rechtswissenschaft. Seit 2016 ist sie gemeinsam mit der Diplompsychologin und Psychotherapeutin Andrea Horn geschäftsführende Gesellschafterin der Spiegelneuronen – Angewandte Positive Psychologie GmbH.

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SarahZ
3 Jahre zuvor

Ich weiß gar nicht ob ich das wissen will. Auch bei uns im Betriebswirt Studium redet man immer mehr von Industrie 4.0 . Und da werden Gedanken geführt die mir die Zeit nach dem Studium schon jetzt verleiden

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