Richard Friedrich hat direkt nach seinem Studium für sich entschieden, Gewürze zu verkaufen anstatt als Ingenieur zu arbeiten. Seit etwa zwei Jahren ist er zudem mit seinem Unternehmen “Direkt vom Feld” fester Bestandteil des Einzelhandels am Chemnitzer Brühl. Erfolgsstory „Direkt vom Feld“ – Interview mit Richard Friedrich.
Du hast als studierter Wirtschaftsingenieur eine klassische Ausbildung im Maschinenbau. Wie kam es, dass Du dich dazu entschieden hast, Gewürze zu verkaufen anstatt als Ingenieur tätig zu sein?
Das kam so, dass ich in meinem Studium ein sehr gutes Praktikum hatte, was mir einen Einblick gegeben hat auf das, was mich als Wirtschaftsingenieur erwartet. Ich hatte einen Dienstwagen, ich bin zu Kunden gefahren, ich habe Aufträge bearbeitet und ich hätte auch dort in der Firma mit einem guten Jahresgehalt anfangen können. Und es hat mir auch Spaß gemacht. Es war aber wie bei einem Computerspiel. Ich hatte das Gefühl, dass dieses Level ausgespielt ist. Ich wusste, dass kann ich jetzt eine Weile machen, die Kunden und Projekte ändern sich vielleicht, aber es ist an sich keine persönliche Herausforderung. Es ist einfach Anwenden von dem was ich gelernt hatte. Mein Abschluss als doppelter Boden war dann eine Art innere Erlaubnis mich zu fragen, was würde ich eigentlich sonst den ganzen Tag gern machen, auch wenn mir niemand dafür Geld gibt. Und ich reise und esse gern. Beim Kochen ist mir dann aufgefallen, dass ich zwar jeden Tag die Pfeffermühle in der Hand habe, aber nichts über das Gewürz weiß, außer das es schwarze Körner sind, die scharf schmecken und die ich im Supermarkt zum Nachfüllen kaufen kann. Dabei fand ich ganz naiv den Gedanken spannend, bei so einer alltäglichen Sache wie dem Würzen zu wissen, wer und was da eigentlich dahintersteht. Also bin ich herumgereist, habe mir viele Sachen angeschaut und mich so dem Thema genähert.
Du bist Gründer und Geschäftsführer von „Direkt vom Feld“. Ihr nennt euch selbst Gewürzmanufaktur. Was kann man darunter verstehen?
Meine Definition von einer Manufaktur ist, dass wir die Schritte der Wertschöpfung entweder selbst ausführen oder unter direkter Kontrolle haben. Das heißt, wir sind im direkten Kontakt mit den Erzeugern und arbeiten mit ihnen zusammen. Wir wissen, wann wird geerntet und welche Gewürze werden wie angebaut. Dann bekommen wir die Produkte, füllen sie selbst ab und kümmern uns um den Versand und Kundenservice. Ich finde es ist wichtig, bei etwas was den Namen Lebensmittel trägt, zu wissen wo es herkommt, um einfach die Qualität sicherstellen zu können.
Neben dem Handel mit Gewürzen veranstaltet Ihr auch Events und Workshops. Wozu diese mehrgleisige Ausrichtung?
Um es ganz einfach zu sagen, mir geht es nicht um die Gewürze an sich, sondern um die Erfahrungen, die die Menschen machen. Am Ende geht es darum, kann ich das was ich tagtäglich mache, mehr wertschätzen. Kann ich vielleicht an etwas so banalem, wie abends Essen machen, sogar Freude haben, weil ich das Lebensmittel besonders gut finde. Ein Beispiel ist Wein. Trinke ich einen Wein, den ich aus dem Sommerurlaub mitgebracht habe, schmeckt der wahrscheinlich wie jeder andere Wein. Aber in dem Moment werde ich an den Urlaub erinnert und erlebe eine positive Emotion. Also sind Gewürze im Shop die eine Sache, aber noch schöner ist es doch mit Menschen an einem Tisch zu sitzen und sich darüber auszutauschen. Und genau diese AHA-Momente sind es, an die man sich gern erinnert. So sind unsere Events und Workshops ein gutes Mittel, um das zu vermitteln was uns wichtig ist.
An der Manufaktur befindet sich ein großer Verkaufsraum. Ihr seid allerdings von Beginn an auch über einen Online-Shop erreichbar. Was lohnt sich mehr?
Ganz klar verkaufen wir deutlich mehr online als offline. Das ist an sich auch gut so. Denn ich sage immer: ‚Ich fahre nicht bis nach Indien, suche dort einen super Pfeffer heraus und biete ihn dann nur Menschen im Umkreis von Chemnitz an.‘ Ich möchte die Produkte einfach gern jedem anbieten können, der eine Wertschätzung für die Qualität der Gewürze aufbringt.
„Direkt vom Feld“ verbindet den klassischen, traditionellen Handel mit den digitalen Herausforderungen der Zeit. Bei aller Diskussion um Veränderung und Digitalisierung, was glaubst Du wird bei euch immer klassisch und traditionell bleiben?
Naja, du kannst ganz schlecht authentische Interaktion mit Menschen digital ersetzen. Und schlussendlich sehnt man sich nach menschlichen Beziehungen. Andererseits leben wir im 21. Jahrhundert und müssen zum Glück nicht mehr alles analog machen sondern können von der Digitalisierung profitieren. Das Digitale unterstützt uns wunderbar dabei. Ein Beispiel ist unsere Abholfunktion, die viele Leute nutzen. Sie bestellen zu Hause und wissen, sie sind am nächsten Tag in der Nähe und holen es dann ab. Das ist eine unheimlich schöne Schnittstelle, denn man hat das digitale Angebot genutzt und hat trotzdem den persönlichen Kontakt. Es sollte also gelingen, dass das Analoge und Digitale sich gegenseitig ergänzen. Denn es geht nicht das eine ohne das andere.
Wie hat sich das Geschäft durch Corona verändert und wie habt ihr darauf reagiert?
Es waren von heute auf morgen alle ausgebuchten Workshops nicht mehr durchführbar. Aber gleichzeitig ist das Interesse online gestiegen, weil die Leute plötzlich die Zeit und auch die Notwendigkeit hatten, sich selbst etwas zu essen zu machen. Also letztendlich Dinge zu tun, für die sie vorher keine Zeit oder keine Muse hatten. Dadurch hat Corona unser Geschäftsmodell im Grunde nach vorn gebracht, weil das Bedürfnis gestiegen ist, gesunde und nachhaltige Lebensmittel zu konsumieren.
Die Zukunft des Einzelhandels wird häufig diskutiert. Was glaubst Du, wohin sich der Einzelhandel entwickelt, und welche Chancen siehst Du dabei?
Da wäre ja auch wieder das Thema Digitalisierung. Ich denke, dass Spezialgeschäfte, die Sachen anbieten, die man nicht Mal eben schnell bei Amazon und Co. bestellen kann, auch zukünftig eine Daseinsberechtigung haben werden. So ehrlich muss man sein, für ein paar Stifte in rot, blau und schwarz, mit denen ich an mein Whiteboard malen kann, brauche ich keine persönliche Beratung in einem Geschäft vor Ort. Wenn ich hingegen das Erlebnis des Einkaufs an sich wertschätze, vielleicht die Menschen, das Ambiente oder die Umgebung des Geschäftes dort mag, dann gehe ich dahin, weil ich es will. So etwas wird Bestand haben. Je austauschbarer das Angebot jedoch ist, umso schwerer wird es werden. Da kann man noch so viel verkaufen, wenn man immer mit dem günstigsten Angebot im Internet verglichen wird. Da bleibt nichts mehr hängen, auch wenn wir das schon immer so gemacht haben. Dann wird aber auch kein wirklicher Mehrwert geboten. Deshalb denke ich, umso digitalisierter die Welt wird umso menschlicher müssen die Interaktionen werden. Und wer das kann, hat auch im normalen, stationären Einzelhandel gute Chancen.
Richard Friedrich
Durch seine Leidenschaft für Essen und Reisen kam Richard auf die Idee Gewürze zu verkaufen. Heute ist er Geschäftsführer der Gewürzmanufaktur „Direkt vom Feld“ und prägt mit seinem Geschäft den Einzelhandel am Chemnitzer Brühl.
Ich finde diese Denkweise super erfrischend!
Oft ist es der Stolz einer PErson, der sie davon abhält, sich beruflich neu zu orientieren. Man wird so früh als junger Erwachsener in ein Berufsfeld gedrängt, dass gesellschaftlich angesehen und/oder gut bezahlt ist. Der Spaß und das persönliche Glück bleiben dabei aber meist auf der Strecke.
Dabei sagt man ja nicht umsonst “Finde einen Job, den du liebst und du wirst nie wieder einen Tag arbeiten”. Herr Friedrich hat das augenscheinlich geschafft. Respekt dafür und ich wünsche ihm nur das Allerbeste!